Quantcast
Channel: Achimsgarten - der Selbstversorger- und Garten-Blog
Viewing all articles
Browse latest Browse all 400

Der Herbsttag

$
0
0
Kennt ihr das? Im Frühjahr ist man voller Enthusiasmus, man platzt vor Elan und Tatendrang. Die Vorfreude wird unerträglich. Eine aufgeregte Wachheit ist der Normalzustand.

Hoffnungen, Ziele Wünsche alles zusammen schwirrt im Kopf herum.  Es zieht einen raus, ans Licht, in die Welt, ins Leben. Da bin ich, was liegt an?

Und dann, dann kommt das Jahr. Jedes Jahr ein Neues. Immer wieder und es gibt kein Ende.
Enttäuschungen,  Erfolge, schöne Momente oder aufregende Momente. Anstrengung, Arbeit, Hektik. Feiern, freuen, genießen, wundern und leben stehen auf der Tagesordnung.

Es ist Sommer. Wir leben und genießen in vollen Zügen, unbeschwert. Sonne, Düfte, Wärme. Eine Kurze Hose und ein Hemd genügen, wenn man raus geht. Alles wächst und gedeiht. Niemand denkt daran, daß das Ende fest programmiert ist. Alles ist so normal, alltäglich. Man gewöhnt sich an die Wärme und Unbeschwertheit. Man lässt sie verfliegen ohne sie wirklich immer wieder und immer aufs Neue bewusst wahr  zu  nehmen. Es scheint, als ginge es immer so weiter.

Aber ja, es geht weiter! Nur eben nicht so. Man hat getan, was getan werden muß und was möglich war. Manchmal sogar was unmöglich war.

Die Zeit vergeht. Man merkt, daß es keinen Sinn mehr macht etwas Neues anzufangen, etwas zu sähen oder zu pflanzen. Die  Zeichen stehen auf Stillstand. Es gibt Umbau, Abbau und Verderb. Genaus so aber Reife, Fülle und Ernte. Die Ernte so vieler Arbeitsstunden und Arbeitsmonate.

Auf alle  Fälle aber gibt es auch Rückzug. Zum letzten mal wird etwas gemacht. Die letzten Tomaten geerntet, die Tücher von der Dörrstation gewaschen gefaltet und verstaut. Das letzte Ingwerbier, die in heißen und aktiven Sommermonaten so genossene Erfrischung, getrunken. Oder der letzte Kaffee in der Hollywoodschaukel auf der Terrasse.

Würze und Aromen der Kräuter sind verflogen.

Obst und Beeren abgeerntet.

Allee von Säulenobstbäumen  (c) by Joachim Wenk
Allee von Säulenobstbäumen  (c) by Joachim Wenk

Herbst und Wintergemüse stehen still im Beet und warten. Sei warten auf die Ernte oder noch letzte Sonnenstrahlen, die Energie bringen. Energie, die gespeichert wird und nicht mehr in erster Linie dem Wachstum dient.

Rosenkohl  (c) by Joachim Wenk
Rosenkohl  (c) by Joachim Wenk

Man will raus und überlegt erst, was man anziehen soll. Wie man sich schützen kann vor dem, was einen dort draußen erwartet. Die Hose wird wieder lang, Schuhe müssen sein, ein Pullover und eine Jacke. Ist die Mütze vielleicht auch schon zu empfehlen. Der Wind bläst stark und kalt. Manchmal ist leichter Regen dabei, der einem ins Gesicht schlägt. Die Finger oft klamm und unbeweglich. Von der vielen Arbeit und von der Kälte und von der wenigen Lust, sie noch zu bewegen.

Wie ein Ohwurm wiederholt sich mir draußen im Garten,  gerade bei den nun vermehrt auftretenden grauen, nassen und kalten Tagen, eine Folge von Worten:

wer jetzt kein Haus hat, baut auch keines mehr.


Ich wollte jetzt dazu schreiben, woher die Worte stammen, weil ich selbst nicht weiß, woher ich sie habe. Sie stammen nicht von mir, aber sie sind exakt meine momentane Empfindung.

Sie entstammen dem Gedicht "Herbsttag" von  Rainer Maria Rielke. Das Gedicht  passt so unverstellbar genau zu meinen momentanten Empfindungen und Beobachtungen, dass ich es für interessierte Leser unten nach meinem Beitrag eingefügt habe.

Beinahe automatisch macht man die Dinge, die erledigt werden müssen. Die Lust und der Eifer vom Frühjahr aber sind verschwunden. Ob sich diese wieder aufladen?

Jedes Jahr immer aufs Neue dieser Kreislauf. Und dann doch immer wieder Frühjahr.
Kommt einmal die Zeit, da kein Frühjahr mehr kommt? Und da es Winter bleibt?

Wir werden sehen. Bis dahin bleibt nur eines, abwarten. Warten und still dastehen, wie das Herbstgemüse im Beet.  Der Rest wird sich zeigen

Bereiten wir uns also vor auf den Winter. Auf noch mehr Rückzug, noch mehr Hüllen aus  Stoff um uns herum, als Schutz vor der Aussenwelt. Einigeln, zurückziehen in die Ruhe und Geborgenheit des Heimes stehen auf meiner Wunschliste ganz oben. Ausruhen und Nichtstun.


Ich wünsche euch allen noch schöne sonnige Herbsttage. Und wenn es doch anders kommt, schaut euch die Herbstfotos an. Sie helfen ein wenig, die düstere Stimmung zu vertreiben. 




rosa Dahlie und gelbe Kapuzinerkresse (c) by Joachim Wenk
rosa Dahlie und gelbe Kapuzinerkresse (c) by Joachim Wenk

Dahlie Twillight (Zwielicht), wie passend der Name hier auf dem Foto doch ist (c) by Joachim Wenk
Dahlie Twillight (Zwielicht), wie passend der Name hier auf dem Foto doch ist (c) by Joachim Wenk


Dahlienblüte  (c) by Joachim Wenk
Dahlienblüte  (c) by Joachim Wenk

Herbstastern und Endivien
Herbstastern im Staudenbeet, wie sie der Endivien sieht  (c) by Joachim Wenk

Die großen Herbstaster-Büsche müssen zusammengebunden werden, sonst fallen sie gnadenlos auseinander.

Herbstastern
die gleichen Herbstastern, wie ich sie sehe (c) by Joachim Wenk

Herbstastern (c) by Joachim Wenk
Herbstastern (c) by Joachim Wenk



Wenn man die Astern nicht anbinden fallen sie auseinander und bilden einen noch breiteren Busch. Gut, daß hier hinter ihnen der Zaun sie aufhält.

Herbstastern (c) by Joachim Wenk
Herbstastern (c) by Joachim Wenk


Und wenn man sie wachsen lässt werden sie immer größer und größer in ihrer flächigen Ausdehnung.
Herbstastern (c) by Joachim Wenk
Herbstastern (c) by Joachim Wenk


Hier das Staudenbeet in der Gesamtansicht.

Staudenbeet (c) by Joachim Wenk
Staudenbeet (c) by Joachim Wenk

Myrtenaster (c) by Joachim Wenk
Myrtenaster (c) by Joachim Wenk

Rose de Rhest (c) by Joachim Wenk
Rose de Rhest (c) by Joachim Wenk






Schokoladenblume und Ringelblume (c) by Joachim Wenk
Schokoladenblume und Ringelblume (c) by Joachim Wenk

Meine Dachwurzsammlung Sempervivum(c) by Joachim Wenk
Meine Dachwurzsammlung - ein Teil davon jedenfalls (c) by Joachim Wenk



Zum Abschluß noch einer unserer Karpfenweiher unter wildem Wolkenhimmel.


Karpfenweiher unterm Wolkenhimmel (c ) by Joachim Wenk





Herbsttag (Rainer Maria Rielke)

Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.
Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.
Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

Viewing all articles
Browse latest Browse all 400