Wir haben Herbst.
Eine Jahreszeit deren Bedeutung im Wechsel liegt. Der Sommer verabschiedet sich und der Winter kommt. Das Licht geht und die Dunkelheit gewinnt an Macht. Es ist eine Zwischenzeit.
Die Tag- und Nachtgleiche liegt hinter uns, je weiter wir in den Herbst hinein kommen, desto mehr siegen Kälte und Düsternis, verschwommene Umrisse und Verfall. Aber genauso mehren sich Ruhe und Einkehr. Das hektische Treiben des Sommers, das nach außen-gerichtet-sein mit Geselligkeiten, Festivitäten, Aktivitäten, Zurschaustellen des Körpers, der Drang raus zu gehen wandeln sich in ihr Gegenteil. Ein Wechsel auf allen Ebenen.
Für mich war daher das vergangene Wochenende das Paradebeispiel eines Herbst-Wochenendes.
Der Samstag war noch ganz im Sommer verhaftet. Die Sonne schien vom blauen Himmel und wärmte mich bei meinen Gartenarbeiten. Die Farben leuchteten um die Wette.
Ich sitze immer wieder auf meinem Bänkle vor dem Haus und schaue freudig in meinen schönen Garten.
![]() |
Herbst-Samstag im Landgarten |
Ich nutze die letzten wärmenden Sonnenstrahlen um meine Haselnußernte zu trocknen. Die Walnüsse beginnen jetzt auch herab zu fallen.
![]() |
Haselnußernte 2014 |
![]() |
Erste Walnüsse 2014 |
Meine weiße Jacques Cartier hat sich erholt, ist endlich gewachsen (ich habe darüber berichtet) und schenkt uns noch die eine oder andre Herbstblüte.
![]() |
weiße Jacques Cartier |
Sonnenblumen habe ich, wie letztes Jahr im Mai überall gesät. Nichts ist aufgegangen. Nicht einmal Sonnenblumen wachsen bei mir. Ich habe dann sehr spät im Jahr welche in Töpfen gesät. Mehr um zu sehen, ob das Saatgut überhaupt keimt. Und es keimte. Jetzt beginnt auch in meinem Garten eine ganz bezaubernde Sonnenblume zu blühen.
![]() |
Sonnenblume |
Diese Dahlie hier blüht seit Mai!
![]() |
Dahlie Gallant Knight und Herbstanemone |
Die über 150cm hohe Dahlie mit den gigantischen Blühten im Gemüsegarten blüht seit vielleicht Anfang Juli. Ein faszinierendes Spiel der Farben und Formen, wenn eine Knospe erblüht.
![]() |
Dahlie Sir Alfred Ramsey |
![]() |
Dahlie Sir Alfred Ramsey |
![]() |
Dahlie Sir Alfred Ramsey |
Bevor die Sonne verschwindet werde ich noch meine Hagebutten im Garten abnehmen. Sie reif zum Ernten. Ich werde wieder Hiffenmark machen.
![]() |
Hagebutten |
So viel nun also zum Samstag oder auch dem Freitag und den Tagen davor.
Der Sonntag zeigt deutlich, daß der Herbst eine Jahreszeit des Wechsels ist. Die Sonne kommt den ganzen Tag nicht zum Vorschein. Früh hängt dicker Nebel über der Landschaft. Als er verschwindet verhüllt noch immer eine undurchdringliche Wolkendecke den Himmel bis zum Horizont.
Zwei Jahreszeiten gestern und heute wechseln sich ab, kämpfen um die Macht. Die Nacht zum Sonntag bildete die Grenze zwischen beiden.
Grenzen waren vor langer langer Zeit in unseren Landen auch die Hecken. Hecken, die das kultivierte, der Natur abgerungene Land von der wilden Natur herum bewahrten. Hecken mit Dornen, um wilde Tiere aufzuhalten in die Gehöfte vorzudringen. Oft dargestellt mit Wildrosen oder Heckenrosen (mit Hagebutten). Wahrscheinlich aber auch oder mehr noch waren es Weißdornhecken.
Diese Hecken waren auch eine Grenze, sie trennten zwei Welten. Das Wilde und Unberechenbare, Angsteinflößende - also die reine Natur außerhalb und das Beschützende, Kultivierte, Sicherheitgebende innerhalb der Einfriedung.
Aber natürlich ist so eine Hecke oder Hag auch die Scheide zwischen sichtbarer und unsichtbarer Welt. Die Diesseitige und die Anderswelt. Und auch hier ist es so, daß man gerade zu Zeiten der Scheide oder in Örtlichkeiten der Scheide besonders gut Kontakt aufnehmen kann zur Anderswelt. Solche Zeiten sind zum Beispiel Mitternacht von einem zum anderen Tag, Sonnenwenden von einer zur andere Jahreszeit, Bäche oder Weggabelungen und eben auch die Hecken.
Nun wuchsen, damals bei den Germanen, genau wie heute bei uns in den Hecken viele für den Menschen sehr nützliche Pflanzen. Pflanzen die Nahrung oder Genesung brachten. Manche sorgten auch für beides. Und schon immer gab es Menschen, die sich mit den verschiedenen Pflanzen besonders gut auskannten. Auf der Suche nach diesen Heilpflanzen und Nahrungsquellen verbrachten sie viele Zeit in den Hecken. Oft am Boden kauernd erhielten sie den Namen Hagazussa. Das bedeutet Heckensitzer. Bis hier nichts ungewöhnliches denkt ihr?
Aber genau hiervon leitet sich eben der Begriff des Hexers oder Hexe ab. Ein Mensch der in beide Welten schauen kann, vermitteln kann zwischen ihnen. Und durch sein Wissen über die Wirkungen der Pflanzen und ihrer Anwendung war er von großer Bedeutung.
Mir kommen diese Dinge wieder in den Kopf als ich am Sonntag morgen halb im Nebel am Ufer unseres Weihers stehe und die Hag-ebutten ernte.
![]() |
Hagebutten am Weiher |
Mystisch ist es und ruhig. Kein Wind weht, kein Vogel zwitschert. Ab und zu springt ein Karpfen aus dem Wasser und platscht zurück. Die Quelle plätschert ganz leise in den Weiher. Meditativ und besonnen pflücke ich Hagebutte um Hagebutte. Man muß hierbei sehr vorsichtig sein, weil die vielen Dornen so einer Heckenpflanze einen allzugerne ergreifen, festhalten und auch verletzen. Dumpfsinniges Dahinraffen der von der Natur dargebotenen Schätze ist hier nicht möglich. Würde doch immer die Konsequenz solchen Handelns sofort spürbar werden.
![]() |
Herbst über den Karpfenweihern |
![]() |
Herbst |
![]() |
links im Bild mein Hagebuttenstrauch |
Wieder daheim angekommen setze ich mich nun abermals auf meine Bänkerl vor dem Haus. Der gleich Blick wie gestern, aber seht den Unterschied der Stimmung.
![]() |
Herbst-Sonntag im Landgarten |
Und wieder meine Sir Alfred Ramsey. Heute ohne Sonne und Gegenlicht. Die Farbe begeistert mich immer mehr. Selbst heute zu dem tristen diesigen Herbstwetter passt sie und leuchtet von innen heraus.
![]() |
Dahlie Sir Alfred Ramsey |
![]() |
Dahlie Sir Alfred Ramsey |
Es bleibt ein ruhiger und düsterer Tag. So ruhig, daß ich mich im Garten am Nachmittag beim Nüsse klauben im trockenen Laub kaum traue zu treten und gehen. Das macht so einen Krach, der diese Ruhe über dem Land zerstört. Immernoch singt kein Vogel nur die Eicheln und Nüsse fallen mit tosendem Lärm von den Zweigen und erschrecken mich in meiner besinnlichen Laune im herbstlichen Landgarten.